
Über das Buch:
Autorin: Ana Juna
Titel: Ich werde dich nie vergessen
Verlag/Herausgeber: Ana Juna (Nova MD); Erstauflage (12. Januar 2021)
Genre: Roman
ISBN: 978-3969664025
Preis: 8,99 € [Paperback]

Inhalt:
Als Maik vor fünf Jahren nach Berlin zog, ließ er sine Vergangenheit und ein schreckliches Geheimnis zuürck. Ein Geheimnis, das das Leben vieler Menschen beeinflusst – auch Jahre nach der Tat. Doch was passiert, wenn dieses tatsächlich aufzufliegen droht? Wie wird Maiks Ehefrau damit umgehen? Und wer ist die junge Frau, die von den Ereignissen aus der Vergangenheit beeinflusst wird? Was hält das Schicksal für sie bereit?
Meine Meinung:
Vorab: Das Buch beinhaltet einen Hinweis auf eine ausführliche Triggerwarnung, die sich am Ende des Buches befindet, um nicht bezüglich des Inhaltes gespoilert zu werden. Dennoch ist diese Warnung notwendig und angebracht im Hinblick auf die Thematik der Geschichte. Ana Juna vereint in diesem Buch vier Kurzgeschichten zu einem Gesamtbild. Die einzelnen Geschichten hängen miteinander zusammen, ergänzen sich und führen den roten Faden fort.
Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, was eine einzelne Handlung eurerseits für Folgen hat? Nicht nur für euch, sondern auch für Beteiligte und Unbeteiligte. Maik ist bezüglich seiner Vergangenheit kein unbeschriebenes Blatt. Als junger Punk hatte er eine Lebenseinstellung, die mit seiner jetzigen nichts zu tun hat. Dementsprechend leichtfertig ging er mit dem Treffen von Entscheidungen um. Es ist also nicht verwunderlich, dass er sein momentanes Leben – verheiratet und selbstständig – als spießig bezeichnet. Als jedoch eine junge Frau namens Sterni auftaucht, holt ihn die Vergangenheit ein. Sie konnte eine Entscheidung, die Maik leichtfertigt getroffen hat, nicht vergessen. Diese Entscheidung hat ihr ganzes Leben bestimmt und begleitet, ihrerseits getroffene Entscheidungen beeinflusst und ihrem Leben damit eine Richtung gegeben, die wohl anders verlaufen wäre, hätte Maik sich anders verhalten. Das Buch baut also darauf auf, wie ein einziges Ereignis eine Kette an anderen Umständen hervorruft. Ich fand es ein bisschen schade, dass dieses Buch doch so kurz ist. Natürlich handelt es sich um Kurzgeschichten, das darf man nicht vergessen. Allerdings hat mir dadurch stellenweise eine gewisse Tiefe gefehlt. Die Charaktere kamen mir auch nach Beendigung des Buches teilweise fremd vor, was ich bei einem solch wichtigen Thema schade finde, da ich persönlich dann Abstriche bei meinen Emotionen habe. Die fehlende Tiefe spiegelt sich auch im Schreibstil wieder. Teilweise gab es abgehakte Passagen, die ausformulierter hätten sein können. Inhaltlich schlägt sich das insofern nieder, dass man an manchen Punkten das Gefühl zu großer Geschwindigkeit bekommt. Hier hätten ausführlichere Sätze der Hast entgegenwirken können. Dennoch wird die Thematik ist sehr einfühlsam dargestellt. Man darf aus Sicht des Täters lesen, aus Sicht des Opfers. Aber auch Personen, die die Situation nur als Außenstehende betrachten durften, bekommen eine Stimme. Das interessante daran, ist der vielfältige Blickwinkel, den wir auf die Vergangenheit bekommen. Jeder hat das damalige Geschehen anders wahrgenommen. Es gibt verschiedene Meinungen über das, was Sterni passiert ist. Aber es gibt nur eine Wahrheit und die Art und Weise, wie die Betroffenen damit umgehen, wurde von der Autorin großartig dargestellt. Man fühlt sich auch als Unbeteiligte Person in die Situation hineinversetzt, da man sich automatisch fragt, welche Position man selbst in der Vergangenheit bezogen hätte. Obwohl die Figuren eine gewisse Fremde aufweisen, so wirkt doch die Geschichte, die sie umgibt, nahbar. Unterstützt durch Briefe und Tagebucheinträge bekommt die düstere Atmosphäre etwas Intimes. Ein Gefühl von Hoffnung und Zusammenhalt, die Sterni, als einziger Charakter, mit dem Leser teilt. Bei ihr bekommt man das Gefühl, sie auch nach Beendigung des Buches zu kennen. Als wäre sie eine alte Freundin. Das ist ihre Geschichte, in die wir Einblick bekommen, ihr Leben. Und genau so fühlt sich dieses Buch an: Wie ein alter, beinahe vergessener Freund, der uns sehr nahesteht und durch ein einziges Geheimnis unsere verletzliche Seite hervorbringt. Melancholisch und Bedrückend.
Bewertung:
Meine aufgeführten Kritikpunkte sind natürlich auch durch die Länge des Buches zu entschuldigen, allerdings hätte ich intensivere Ausführungen bei dieser Thematik passender gefunden. Dadurch hat meinerseits die Beziehung zu den Charakteren an mancher Stelle gelitten – ausgenommen Sterni. Dennoch: Dieses Buch ist wichtig, einfühlsam, nahbar und bedrückend. Es sollte gelesen werden, da es einen anderen Blickwinkel auf das Thema „Vergewaltigung“ gibt. Es ist für mich die bisher realistischste Geschichte (bis dato gelesen) zu dieser Thematik, da Täter und Opfer ihren Gedanken freien Lauf lassen. Egal wie unbeteiligt man sich an einer solchen Geschichte fühlt, eine jede Entscheidung, möge sie noch so unbedeutend sein, kann alle Lebenswege, die noch folgen mögen, nachhaltig beeinflussen und verändern. Man sollte mehr als nur den eigenen Blickwinkel betrachten, das lehrt uns diese Geschichte.
Schreibstil: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Geschichte: 5/5
Spannung/Atmosphäre: 4/5
Überraschungen/Wendungen: 4/5
Gesamtbewertung: 4/5
• Die Coverrechte obliegen ausschließlich der Autorin. •
[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]