André Wegmann: Ardennen

Über das Buch:

Autor: André Wegmann
Titel: Ardennen
Verlag: Redrum Verlag
Genre: Horror (Christian-Harms-Thriller Band 2)
ISBN:  978-3959577021
Preis: 14,99€

Inhalt:

Privatermittler Christian Harms wird von seiner Nichte gebeten, einen verschwundenen Freund aufzuspüren. Die Suche nach dem jungen Mann führt Harms in die belgischen Ardennen, eine mystisch anmutende Naturlandschaft mit ausgedehnten Wäldern, schrulligen Einheimischen und abgelegenen Höfen, die tiefe menschliche Abgründe bergen. Bald verschwinden weitere Menschen und die Zeit tickt, denn ihnen allen droht ein schreckliches Schicksal. Doch das ist noch nicht das Schlimmste, denn in den Nächten streift jemand oder etwas mit einem unersättlichen Appetit nach Fleisch und Blut durch die urtümlichen Wälder …

Meine Meinung:

Handlungsort: Die Ardennen. Autor André Wegmann zeichnet mit seinen Worten einen Ort, der für eine Horror-Geschichte absolut perfekt scheint. Schier endlose Waldgebiete, düstere Legenden und zwielichtige Gestalten eignen sich bestens als Setting für eine derart nebulöse Geschichte. Ich habe mich – durch die Beschreibungen des Autors – sofort in dieses Gebiet verliebt und konnte es kaum abwarten, in die düsteren Handlungen abtauchen zu dürfen. Verstärkt durch Verknüpfungen mit der Realität, wie etwa den in der Geschichte erwähnten Mörder Michel Fourniret (Man kann Googeln – Ihn gibt es wirklich!) wirkt dieses Buch gut recherchiert und bewegt sich gedanklich vom Fiktiven weit weg. Die Geschichte wird von zwei Seiten beleuchtet, die sich gleichenorts abspielen und augenscheinlich keine Verbindung zueinander haben. Auf der einen Seite macht sich Privatermittler Harms auf die Suche nach einem verschwundenen jungen Mann. Auf der anderen Seite begleiten wir scheinbar willkürlich ausgewählte Personen, die es aus verschiedenen, aber nachvollziehbaren, Gründen des Nachts in die Wälder verschlägt. Hier erleben diese Personen unvorstellbar Grausames – manche von ihnen sogar schlimmeres als den Tod. Wie diese beiden Handlungsstränge miteinander in Verbindung stehen, erfährt man erst gegen Ende. Der wohl eindeutigste Unterschied zum Vorgängerbuch „Dschinn“ ist die Ebene, auf der das Buch sich abspielt. Während wir bei Dschinn in einen Strudel übernatürlicher Ereignisse gezogen werden, wird Ardennen erstaunlich realistisch gehalten. In diesem Fall ist es auch der greifbare Realismus, der beim Leser regelmäßige Schock- und  Ekelmomente auslöst. Allen voran fällt mir hier sofort Fleischerin Barbara ein. Als Berufstätige der etwas anderen Art, serviert sie ihren Kunden und Abnehmern regional gewonnene Fleischdelikatessen. Leider darf man als Leser auch hinter die Kulissen der Fleischerei schauen. Hier offenbaren sich erschreckende Tatsachen, die einem jeden Appetit auf Hamburger, Bratwurst und Roulade vergehen lassen. Aber bei diesem literarischen Schachzug belässt es Autor André Wegmann nicht. Mit den abstoßenden Gedanken um die Arbeit von Barbara im Hinterkopf und dem Wissen um die Tatsache, dass sie auch viele unwissende Abnehmer beliefert, wirkt jedes verzehrte Stück Fleisch – in welcher Art der Zubereitung auch immer – bedrohlich und abstoßend auf den Leser und er wird sofort wieder an die widerwärtigen Taten der Metzgerin erinnert. Der Autor spielt auf eine geniale Art mit den Lesern. Auch ein kleines Lamm bekommt eine Rolle in der Geschichte. Es zeigt uns unseren doppelmoralischen Umgang mit dem Thema Fleischverzehr auf. Hier wurden einige sehr raffinierte Elemente eingebaut, die den Leser nicht auf der Bildebene ansprechen, sondern sich erst nach und nach im Kopf manifestieren. Die Geschichte selbst wurde dadurch in ihrer Wirkung nur verstärkt, denn so bekommt sie eine belehrende und zugleich verstörende Note. Aber sie unterhält auch unheimlich, denn die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den beiden Handlungssträngen schwebt über allem. Die Spannung kann konstant gehalten werden und begleitet uns von Anfang bis Ende. Zu kritisieren gibt es die eine oder andere Handlung, die – hauptsächlich im letzten Drittel – etwas zu schnell abgearbeitet wurde. Hat der Autor sich zu Beginn und auch in der Mitte des Buches viel Zeit für die Ausarbeitung von Details gelassen, so fehlt jene detaillierte Darbietung hauptsächlich während der Kampf- und brutalen Szenen. Eine intensivere Darstellung hätte sie einerseits nicht so rasant und unwirklich erscheinen lassen, andererseits wäre die Wirkung dieser Szenen dadurch positiv verstärkt worden. So fühlten sich bestimmte Szenarien bruchstückhaft und roh an, es fehlt das gewisse Etwas, um damit beim Leser eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.

Bewertung:

Insgesamt hat dieses Buch bei mir eine größere Wirkung erzielt, als der Vorgänger. Ich mochte die angesprochenen Thematiken, die Atmosphäre und auch den Handlungsaufbau. Es ist nicht zwingend notwendig, Dschinn gelesen zu haben, um sich in die Ardennen zu begeben. Das Ende, sowie die Handlungen im Einzelnen sind schlüssig und ergeben ein lückenloses Gesamtbild. Der Leser sieht sich nicht mit unbeantworteten Fragen konfrontiert, dafür aber mit jeder Menge skrupelloser Monster in menschlicher Hülle. Barbara und ihre Lakaien aus der Fleischerei konnten bei mir als Charaktere gut punkten. Sie sind so psychopathisch, widerwärtig und krankhaft, wie man sich die Figuren einer solchen Geschichte wünscht. Harms hingegen wirkte sensibler als im ersten Buch. Er hängt gedanklich öfter mit dem Kopf in den Wolken, wo er seinen verstorbenen Vater, seine verstorbene Frau und Tochter besucht. Als ich dann das Nachwort von André Wegmann gelesen hatte, wurden mir die Gründe für diese Art der Darstellung bewusst. Umso mehr gefällt es mir, dass der Autor seine geschaffenen Figuren auch durch eigene Emotionen aufleben lässt und diese auch bewusst und passend in der Geschichte ihren Platz finden. Ich spreche für dieses Buch eine absolute Leseempfehlung aus, denn für mich vereinen sich hier Horror und Thriller, wie von jedem Fan gerne gelesen.

Schreibstil: 3,5/5
Charaktere: 5/5
Geschichte: 5/5
Spannung: 4/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5

Gesamtbewertung: 4,5/5 

Bewertung: 3.5 von 5.

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich dem Redrum Verlag. •

[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]