
Über das Buch:
Autorin: Bryn Greenwood
Titel: All die Finsternis inmitten der Sterne
Originaltitel: All The Ugly And Wonderful Things
Verlag: Festa Verlag
Festa Must Read
ISBN: 978-3-86552-755-4
Preis: 22,99€

Inhalt:
Als Tochter eines Drogendealers hat Wavy schon früh gelernt: Traue niemandem. Am wenigsten deinen Eltern.
Die Achtjährige ist den schizophrenen Launen ihrer Mutter ausgeliefert und kümmert sich ganz alleine um den Haushalt und ihren kleinen Bruder. Frieden findet sie nur beim Betrachten des Sternenhimmels über den Feldern hinter dem Elternhaus. Und dort begegnet sie dem Riesen Kellen, dem tätowierten Ex-Häftling mit einem Herz aus Gold. Er erweckt in Wavy ein Gefühl, das sie inmitten ihrer Welt aus Gewalt und Vernachlässigung für unmöglich gehalten hat.
Als eine Tragödie Wavys Familie auseinanderreißt, wird unter dem strengen Blick der Welt das, was Wavy so schön erscheint, auf einmal hässlich …
Meine Meinung:
Unsere Protagonistin Wavy ist eine kleine, ganz besondere Persönlichkeit. Sie spricht nicht viel und oft wird gemunkelt, ob sie dazu überhaupt in der Lage ist. Sie isst nicht vor anderen Leuten und manchmal verschwindet sie einfach, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: den Sternenhimmel beobachten. Ihr wird fehlende Intelligenz nachgesagt, da diese eigenartigen Eigenschaften sie zu einer Person machen, die nicht in das Weltbild der Gesellschaft passt. Allerdings steckt hinter dieser Hülle eine Geschichte, die für ein Mädchen ihres Alters nicht vorgesehen ist und die sowieso kein Kind in keinem Alter erfahren sollen müsste. Wavy lebt für ihren kleinen Bruder Donal und für sein Wohl. Auf ihre Eltern kann sie aufgrund von Drogen, Schizophrenie und daraus resultierendem mangelnden Interesse nicht zählen. Sie ist in ihrem jungen Alter auf sich allein gestellt – bis sie Kellen begegnet. Kellen ist alles, was Wavy nicht ist. Ist er zu gewaltig, riesig und grob, ist sie zu zart, zerbrechlich und winzig. Ist er zu laut, ist sie zu leise. Ist er zu massig, ist sie zu dürr. Ist er zu alt, ist sie zu jung. Und darauf baut diese unkonventionelle Liebesgeschichte auf. Die Autorin hat zwei besondere Charaktere geschaffen, die auf den ersten Blick aus lauter Gegensätzlichkeiten zu bestehen scheinen. Je besser man die beiden jedoch kennenlernt, desto mehr wird klar, dass sie aufeinander angewiesen sind, einander retten können. Beide führen ein verirrtes, tragisches Leben, das sicher keine rosige Zukunft bereithalten wird, jedoch begegnen sie einander und scheinen – trotz des enormen Altersunterschiedes – das Leben des jeweils anderen positiv beeinflussen zu können. Natürlich kreiert die Autorin neben der aufkeimenden Hoffnung beim Leser auch einen bitteren Beigeschmack. Vorrangig wird dieser durch die moralische Verwerflichkeit der Beziehung ausgelöst: Wavy ist 8 Jahre alt, als sie Kellen kennenlernt, während er Mitte zwanzig ist. Aber auch die toxische Umgebung, in der Wavy diese Erfahrungen macht, lässt beim Leser ein mulmiges Gefühl zurück. Derart kleine, unschuldige Wesen sollten unter keinen Umständen mit Drogen, Sex und dem Tod konfrontiert werden, wie es hier der Fall ist. Aber Wavy und Donal bekommen keinen anderen Ausweg, dafür aber eine annehmbare Alternative namens Kellen. Denn die Autorin geht mit der Beziehung höchst sensibel um, wählt jedes Wort mit Bedacht und schafft dadurch nicht nur für Wavy ein sicheres Umfeld, sondern auch für den Leser. Kellen wirkt nicht wie ein Pädophiler, vielmehr scheinen beide geistig auf einer Ebene zu sein, sich gegenseitig zu ergänzen. Ich persönlich habe dem ungleichen Paar gewünscht, dass es alle Hindernisse überwinden kann. Kellen schafft einen Ausweg für Wavy und sichert ihr – einzig durch seine Gesellschaft, seine Worte und seinen liebevollen Umgang mit ihr – den Zugang zu einer besseren Zukunft. Er scheint sie wirklich zu sehen, ihre Eigenarten zu akzeptieren. Aber er lernt auch von ihr, weshalb diese Beziehung kein Monopol ist, sondern ein unausgesprochenes Einverständnis, ein Versprechen. Gut gelungen sind hier aus die vielen verschiedenen Perspektiven, die der Leser geboten bekommt. Von Außenstehenden, die eventuell nur eine kleine Rolle in dieser Geschichte spielen, dafür aber weitreichende Folgen durch Entscheidungen und Beobachtungen mit sich bringen. Der Schreibstil ist zart, poetisch und vorsichtig. Er verwirft alle aufkeimenden, falschen Gedanken und lenkt den Blick auf das Gute dieser fragwürdigen Bindung. Dieses Buch erzählt so leise, wie Wavy ist, eine Geschichte die unübersehbar und kräftig, wie Kellen, ist.
Bewertung:
Ungewohnte Töne aus dem Festa Verlag begegnen uns in diesem Buch. Allerdings empfinde ich es von Beginn bis Ende als gelungen und wichtig. Es spricht von Liebe, in einer lieblosen Umgebung und von Stärke, in schwachen, zarten Körpern. Es spricht von Gegensätzen und von Einklang. Dieses Buch ist ein Versprechen und letztendlich gibt es mir in seiner Gesamtheit ein gutes und sicheres Gefühl, obwohl ich auf dem Weg dahin auch viel Unwohlsein und Unsicherheit empfunden habe. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung, da diese Liebesgeschichte eigentlich keine ist und doch wünscht man sich am Ende die Gefühle, die Wavy für Kellen empfunden und von Kellen empfangen haben muss, da allein die treffenden, zarten Worte der Autorin Einblick in die Gewaltigkeit jener Gefühle geben.
Schreibstil: 5/5
Charaktere: 5/5
Geschichte: 5/5
Spannung: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5
Gesamtbewertung: 5/5
• Die Coverrechte obliegen ausschließlich dem Festa Verlag. •