Carlton Mellick III: Die Kannibalen von Candyland

Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar

Über das Buch:

Autor: Carlton Mellick III
Titel: Die Kannibalen von Candyland
Originaltitel: The Cannibals of Candyland
Herausgeber: Festa Verlag
Genre: Weird Fiction
ISBN: 978-3-98676-203-2
Preis: 16,99 €

Inhalt:

Als er noch ein Junge war, sah Franklin Pierce die Candyfrau mit dem rosa Zuckerhaar zum ersten Mal. Sie machte die Kinder mit ihrem betörenden Erdbeerduft willenlos und fraß sie auf. Aber niemand glaubte seine Geschichte. Seither ist Franklin besessen davon, zu beweisen, dass die Kannibalen von Candyland wirklich existieren. Doch dazu muss er erst einen fangen … tot oder lebendig.
Jahrzehnte später findet er den Zugang ins unterirdische Candyland – und wird der Sexsklave der zuckersüßen Frau mit Biss …

Meine Meinung:

Ich hatte keinerlei Vorstellung davon, wie diese Geschichte sein würde – außer dass sie abgedreht ist. Franklin Pierce, unser Protagonist, ist schon eine Absurdität für sich. Er lebt in äußert merkwürdigen Verhältnissen, liebt und trägt ausschließlich die Farbe rot und auch körperlich hat er einige selbstgewählte, Anomalien, die in weit abseits des Durchschnitts-Bürgers auszeichnen. Seit seiner Kindheit ist er besessen von den sogenannten Zuckermenschen. Eine Legende oder Spinnerei für den Rest der Bevölkerung, unter Gläubigen jedoch eher eine Hassfigur und Grundlage für die Jagd nach eben jenen. Ich muss sagen, dass dieses Buch nur so von Genialität und Fantasie strotzt. Die Welt, die der Autor zeichnet ist bunt, zuckersüß, verführerisch aber gleichzeitig ebenso brutal und skrupellos. In der Zuckerwelt herrschen eigene Regeln und Gesetze und ich fand jede einzelne Idee einfach nur genial. Und obwohl ich wirklich vordergründig eine Geschichte mit Unterhaltungswert erwartet habe, wurde ich überraschenderweise sogar Zeuge tiefgründiger und zum Nachdenken anregende Momente. Mir persönlich hat auch der Hauch Feminismus gefallen, der hier ohne aufdringlich oder fehlplatziert zu wirken, in die Geschichte mit einfließt und dabei in der dafür geschaffenen Umgebung absolut natürlich wirkt. Die Beziehung zwischen Jujy und Franklin ist umfassend und sehr tiefgreifend gezeichnet. Der Aufbau und der Hergang des Miteinander der beiden ist ebenfalls eine makellose Zeichnung von Hassliebe, Abhängigkeit und Verzweiflung aus verschiedenen Gründen. Dennoch darf man kein inhaltlich hoch anspruchsvolles Buch erwarten, das ausschließlich mit blütenreinem Niveau glänzt. Denn auch die Ekelmomente, die Brutalität und die vorherrschende Gnadenlosigkeit – sowohl auf menschlicher, als auch auf zuckermenschlicher Seite – kommen nicht zu kurz und sind ein wesentlicher Pfeiler dieser Geschichte. Aber auch hier muss ich sagen, dass diese Handlungen so individuell und wohl platziert sind, dass die Geschichte absolut Authentisch wirkt. Hier und da kamen in mir sogar kleine Momente der Melancholie oder gar des Mitleids auf.
Einzig etwas schnell abgehandelt und schade fand ich das Ende, aber aus dem einfachen Grund, dass ich ewig hätte weiterlesen und dabei in dieser zuckersüßen, kandierten Welt verweilen können.

Bewertung:

Carlton Mellicks Bücher sind wirklich Juwelen, dieses ganz besonders. Er hat eine unfassbare Fantasie und ein schier grenzenloses Ideenreichtum. Die Welten die er auf wenigen Seiten kreiert, sind trotz ihrer Kürze vollkommen und man fühlt sich, als würde unter dem nächsten Gullideckel eben jene Zuckerwelt verborgen sein. Gleichzeitig liebe ich das Zusammenspiel zwischen absoluter Absurdität und teils versteckter Ernsthaftigkeit in seinen Geschichten. Besonders hier kommen jede Menge tiefgründige Gedanken zum Ausdruck und haben dabei das Buch – in meinen Augen – zu dem Highlight gemacht, was es ist. Eine absolute Empfehlung.

Bewertung: 5 von 5.