Christina Staudinger: Der Tag vor Weihnachten

Über das Buch:

Autorin: Christina Staudinger
Titel: Der Tag vor Weihnachten
Herausgeber/Verlag: Independently published (13. November 2021)
Genre: Weihnachtliche Horrorkurzgeschichten
ISBN: 979-8754815452
Preis [TB]: 8,99 €

Inhalt:

Der Frostige begräbt alles unter seinen Eismassen, alte Rezepte werden weitergegeben, die wahre Liebe wird bis nach Hause verfolgt – doch davon weiß sie nichts, ein Blinddate nimmt eine unerwartete Wendung, ein Onryō – ein rachsüchtiger Geist – besucht jemanden aus der Familie, ein Ausflug in ein schönes Cottage im Wald findet ein abruptes Ende und noch sieben weitere weihnachtliche Geschichten beschreiben die Schicksale, die sich am Tag vor Weihnachten abspielen.

Meine Meinung:

Bei Kurzgeschichten halte ich es gerne so, dass ich mir während des Lesens Notizen zu den einzelnen Geschichten mache und diese dann dementsprechend auch separat bewerte. Dieses Muster habe ich schnell verworfen, da Christina einen genialen Kniff in ihr Buch eingebaut hat. Jede Geschichte steht für sich alleine. Dennoch finden wir wiederholt kleine Elemente und Hinweise, die ausgewählte Kurzgeschichten auf einer bestimmten Ebene miteinander verknüpfen. Dadurch repräsentieren alle Geschichten eine abgeschlossene Einheit, aber man kann das Buch auch als gesamtheitliches Setting betrachten. Zu verschiedenen Zeiten, geschehen an verschiedenen Orten Ereignisse, die sich dennoch miteinander verbinden lassen. An manchen Stellen hatte ich offene Enden kritisch betrachtet, jedoch taucht dann ein paar Seiten später ein beiläufig erwähnter Aspekt auf, der nicht nur einen anderen Blickwinkel offenbart, sondern oftmals auch die Geschichte unterschwellig wieder zum Leben erweckt. Dabei macht ein offenes Ende natürlich Sinn, da so etwaige Änderungen und erneutes Anknüpfen an eine eigentlich längst „abgeschlossene“ Kurzgeschichte möglich werden. Zu den Horrorelementen lässt sich sagen, dass sie an mancher Stelle sehr gut und deutlich zum Ausdruck kamen. An anderer Stelle hätte es ein paar mehr Worte bedurft, um den Horroraspekt wirkungsvoll einzubinden. Anhand der einzelnen Titel war für mich nicht vorhersehbar, welche Richtung die Geschichte einschlagen könnte, daher gab es eigentlich ständig überraschende Momente, die den Gruselfaktor gut unterstützen konnten. Die Länge der Geschichten war äußerst angenehm, obwohl es hier und da gerne ein paar Worte mehr hätten sein dürfen, damit die Atmosphäre noch greifbarer wird. Inhaltlich beweist Christina Staudinger Kreativität, indem sie jeder Geschichte eine individuelle Note verleiht. Es gibt kaum Parallelen oder Dopplungen, wodurch jede Kurzgeschichte neue Überraschungen bereithält. Atmosphärisch befinden wir uns definitiv in der Weihnachtszeit, die auch ständig durch passende Sequenzen hervorgehoben wird. Auch so mancher Titel gibt Aufschluss über ein schauriges Weihnachtsfest. Interessant war auch, dass nicht jede Geschichte auf die denkbar schlechteste Weise endet. Der ein oder andere Charakter kann dem Tod von der Schippe springen. Das bringt mich auch zu meinem letzten Kritikpunkt: der Hintergrund. Insgesamt fehlt mir eine allgemeine Erklärung oder Auflösung, die diese Geschichten in ihrem Dasein rechtfertigt. Eine Legende oder ein Dämon oder anderes in die Richtung, das darauf eingeht, warum gerade diese Leute in der Konstellation, wie wir sie bekommen, vom weihnachtlichen Horror heimgesucht werden. Zumal alle Charaktere über bestimmte Ecken miteinander verbunden sind. Bei manchen geht der Horror von ihnen selbst aus, anderen wiederfährt er nur. Hier hätte ich mir einfach eine abschließende Verbindung gewünscht, um das ganze Buch erneut zu rahmen und die Zusammengehörigkeit der Geschichten verstärkt aufzuzeigen.

Bewertung:

Die Horrorgeschichten von Christina sind perfekt für die Weihnachtszeit. Aus jeder Schublade, die das Genre „Horror“ zu bieten hat, hat sie Elemente einbauen können. Dabei schwebt die verschneite, weihnachtliche Atmosphäre über jeder Kurzgeschichte. Man verliert das gewählte Setting nie aus den Augen. Hier und da hätte der Horroraspekt gut und gerne verstärkt werden können, da jede einzelne Geschichte das Potential dazu hatte. Richtig stark waren einfach die inhaltlichen Verknüpfungen, die das Ganze zu einer Einheit gemacht haben. Hierbei auch die letzte Geschichte, die inhaltlich den Bogen zurück zur ersten Kurzgeschichte schlägt und damit dem Buch einen tollen Rahmen gibt. Sowohl inhaltlich als auch technisch ist diese Kurzgeschichtensammlung absolut gelungen. Der Schreibstil, sowie der ein oder andere Fehler standen leider hier und da im Weg.

Zur Bewertung: Bewertet wurde jede Kurzgeschichte von mir individuell, daraus ziehe ich dann die durchschnittliche Bewertung für dieses Buch.

  1. Der Frostige: 2/5
  2. Backe, backe Kuchen: 5/5
  3. Dreh dich nicht um: 3/5
  4. Verspätetes Nikolausfest: 3/5
  5. Onryō: 5/5
  6. Der Weihnachtsschlitten: 5/5
  7. Last Minute Geschenke: 4/5
  8. Am Flughafen: 3/5
  9. Das Blinddate: 4/5
  10. Scherbenbruch: 4/5
  11. Schreibzeit: 5/5
  12. Der Vermieter: 4/5
  13. Der hölzerne Weihnachtswichtel: 5/5

Gesamtbewertung: 4/5

Bewertung: 4 von 5.