Hagen Thiele: Die Legende von Mr. Bailey

Über das Buch:

Autor: Hagen Thiele
Titel: Die Legende von Mr. Bailey
Verlag: Independently published (25. Juli 2021)
Genre: Horror
ISBN: 979-8589399226
Preis: 14,99 €

Inhalt:

Sebastian und Kathrin ziehen mit ihren zwei Kindern in ein neues Haus in den Bergischen Wäldern. Erst nach dem Umzug erfahren sie davon, dass sich vor langer Zeit in der Nähe des Grundstücks ein grausamer Mord ereignet hat. Noch heute soll die ruhelose Seele von Mr. Bailey zur Silvesternacht ihr Unwesen treiben und ein Opfer fordern. Andernfalls lockt sie achtlose Kinder ins Verderben. Das Ehepaar schenkt der alten Legende zunächst keinen Glauben, doch schon bald mehren sich die unerklärlichen Ereignisse. Allerdings steckt hinter der Spukgeschichte weit mehr, als es zunächst den Anschein hat.

Meine Meinung:

Dieses Buch beginnt mit einem Brief, einem Brief, der das Leben aller Beteiligten verändert, ihnen das neu gefundene Glück beinahe augenblicklich raubt. Sebastian und Kathrin haben zusammen mit Tochter Anna und Baby Helena ein abgelegenes Eigenheim in den Bergischen Wäldern bezogen. Familiäre Komplikationen – etwa kleine Meinungsverschiedenheiten und Kabbeleien – sind auch im Gepäck, allerdings nichts Schwerwiegendes. Das ändert sich jedoch, als ein Brief der vorherigen Eigentümer den Weg in die Hände der Familie Nowak findet. Die ausgezogene Familie erklärt hierin, wie ihre „Flucht“ zu Stande kam und welche grausamen Ereignisse sie dazu getrieben haben. Ab hier nimmt das Schicksal für Familie Nowak ihren Lauf und die Situation wird zunehmend heikler. Dabei gibt es einen ständigen Perspektivwechsel zwischen Anna, Kathrin und Sebastian. Weiterhin verläuft die Geschichte zwar chronologisch, jedoch mit minimalen Zeitsprüngen, sodass der Leser gebündelt die ausschließlich ereignisreichen Momente zu lesen bekommt. Dadurch erhöhen sich sowohl Dynamik, als auch Spannung, da Schlag auf Schlag etwas passiert und man nicht lange auf temporeiche Szenen warten muss. Die wechselnden Perspektiven sind ebenfalls gut gewählt. Man bekommt ganz verschiedene Eindrücke der drei Protagonisten und durchlebt somit aus erster Hand, was die Legende von Mr. Bailey in ihnen auslöst, wie die Ereignisse sie psychisch verändern. Dieser Aspekt gibt dem Buch ein hohes Niveau, denn Hagen Thiele schafft es die Wesensveränderungen von Anna, Kathrin und Sebastian, durch den psychischen Ballast, den ihnen die Legende von Mr. Bailey aufbürdet, sehr authentisch darzustellen. Diese wirkt durch den direkten Zugang zu deren Gedanken sehr nachvollziehbar und realistisch. Für mich sind diese Entwicklungen schreibtechnisch perfekt und packend umgesetzt worden – inhaltlich definitiv das Stärkste der Geschichte. Doch auch die Beschreibung der Umgebung und düsteren Wetterverhältnisse ist so gelungen, dass man sich beinahe augenblicklich in die örtlichen Gegebenheiten rund um das Haus hineinversetzen kann. Die Atmosphäre ist bedrückend und unheilvoll. Die Geschichte selbst ist von Beginn an fesselnd. Alle Beteiligten – auch der Leser selbst – versuchen hinter das Geheimnis besagter Legende zu kommen. Der Gedanke an einen Streich der vorherigen Eigentümer steht von seitens der Familie Nowak auch im Raum. Kennt man jedoch die Bücher von Hagen Thiele so weiß man, dass dies reines Wunschdenken für eine harmlose Erklärung der Geschehnisse ist. Der Verlauf bringt immer neue Auswirkungen, die das Haus und seine Umgebung auf die Beteiligten haben, mit sich. An dieser Stelle könnte man denken „Ein Haus, in dem es spukt. Eine knarzende Tür hier, das Licht geht von alleine aus, gespenstische Schritte da.“ Aber nein, der Autor bringt neue Elemente des Schreckens ein, die vor allem deshalb so wirkungsvoll sind, weil sie nicht den stereotypen Gruselmomenten entsprechen, derer sich jeder Horror-Autor sonst gerne bedient. All diese Aspekte zusammengenommen, schafft es dieses Buch den Leser an sich zu fesseln und mit jeder Seite tiefer in den düsteren Dunstkreis des Flusses (der Ort, in dem Mr. Bailey der Legende nach ertrank) zu ziehen. Das Ende bildet dabei einen runden Abschluss, da man genug Informationen hat, sich das Weiterleben der Familie zu erdenken. Man bekommt kleine, ausreichende Informationshäppchen, die uns einen düsteren Blick in die Zukunft werfen lassen.

Bewertung: 

Dieses Buch sollte auf jeden Fall an einem düsteren Herbst-Nachmittag gelesen werden. Atmosphärisch mit Abstand das gelungenste Werk des Autors. Weiterhin bilden die inhaltlichen Elemente eine gute Komposition, die sowohl mitreißend als auch interessant ist. Der Aspekt der Wesenveränderung steht hier ganz klar im Raum. Dieser wurde glaubhaft umgesetzt und verstärkt die Horror-Momente. Einzig einige Entscheidungen am Ende der Geschichte haben nicht vollständig meinen Geschmack getroffen, allerdings passen sie ins Gesamtgefüge und wirken nicht Fehl am Platz. Es geht dabei allein um mein persönliches Empfinden. Insgesamt kann ich dieses Buch allen Fans von Horror und Grusel sehr empfehlen, da es den Charakter des Herbstes, der Düsternis und verlassener Waldgebiete hervorragend trifft und dabei jedwede Stimmung gekonnt einfängt.

Schreibstil: 5/5
Charaktere: 5/5
Geschichte: 4,5/5
Spannung/Atmosphäre: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 4/5

Gesamtbewertung: 4,7/5

Bewertung: 5 von 5.

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich Hagen Thiele. •

[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]