Jeff Strand: Der Zyklop

Über das Buch:

Autor: Jeff Strand
Titel: Der Zyklop
Originaltitel: Cyclops Road
Verlag: Festa Verlag
Genre: Thriller
ISBN: 978-3-86552-831-5
Preis: 14,99€

Inhalt:

Nach dem Tod seiner Frau verliert Evan komplett den Halt.
Als er auf einem seiner langen, ziellosen Spaziergänge den Überfall auf eine junge Frau beobachtet, will er eingreifen. Doch die Frau braucht seine Hilfe gar nicht. Im Gegenteil: Sie ist sehr, sehr gut darin, sich selbst zu verteidigen.
Harriett umgibt ein Geheimnis. Sie hat noch nie ein Handy gesehen. Sie saß noch nie in einem Auto. Und sie sagt, sie reist durch das Land, um in Arizona einen Zyklopen zu töten.
Normalerweise hängt Evan nicht mit gestörten Frauen ab, die er gerade erst kennengelernt hat. Aber wäre so ein verrückter Roadtrip nicht genau der Kick, den er jetzt braucht?

Meine Meinung:

Für mich ist der Schreibstil von Jeff Strand beinahe unvergleichlich. „Modernes Märchen“ trifft es wirklich gut, denn er nimmt uns in diesem Buch auf eine Reise mit. Die Geschichte lebt von den Charakteren. Begonnen bei Evan, der grundsätzlich ziemlich normal scheint. Sein Leben gerät ein wenig aus den Fugen und in in dem Augenblick begegnet im Harriett. Sie ist ein bisschen durchgeknallt, aber auch unheimlich tough. Was Evan jedoch ein wenig abschreckt, sind ihre Erzählungen über einen Zyklopen, den sie erschlagen soll. Gepaart mit ihren großen Wissenslücke, was moderne Technologien angeht, wirkt sie wie aus dem Hinterland gekrochen. Die beiden haben von Beginn an eine Beziehung, die absolut nicht auf romantischer Ebene funktioniert. Dennoch habe ich selten ein unterhaltsameres Duo erlebt. Die Dialoge sind intelligent, erfrischend und mit einem interessanten Humor hinterlegt. Auf ihrer abenteuerlichen Reise ins Blaue, sammelt Harriett ein paar weitere „Helden“ auf, die den beiden bei dem Kampf gegen den Zyklopen behilflich sein sollen. Die Konstellation wird immer absurder aber auch sympathischer. Die Charaktere wachsen mit jeder Seite mehr ans Herz. Jeder hat seine ganz eigenen Besonderheiten bekommen, die wie die Faust aufs Augen passen, nahbar und überhaupt nicht absurd sind. In dieser Geschichte geht es eher nebensächlich um das Zyklopen-Abenteuer, sondern vielmehr um die zwischenmenschlichen Belange jeder einzelnen Figur. Es geht um Zusammenhalt, Freundschaft, Vertrauen. Aber auch um das Überwinden von Ängsten, darum neue Wege im Leben einzuschlagen und sich auf ein Abenteuer einzulassen – so absurd es auch sein mag. Jeff Strand hat in dieser Geschichte so viel mehr geschaffen, als eine mythologische Figur. Und obwohl ich das Buch dem Genre „Thriller“ weniger zuordnen würde, begleitet uns eine einnehmende Grundspannung von Beginn an. Zunächst wird diese Spannung durch die Frage ausgelöst, ob es wirklich einen Zyklopen gibt und wieso Harriett so besessen davon ist, ihn zu erschlagen. Später erzeugen die Charaktere selbst die Spannung und verhelfen der Geschichte mit ihrer Sympathie und ihrer Überzeugung für die Sache zu tollen Wendungen. Vorhersehbarkeit ist in diesem Buch definitiv ein Fremdwort, denn der Autor nimmt uns mit auf eine Reise, dessen Ende Evan und die anderen Figuren ebenso wenig absehen können, wie der Leser. Dadurch dass wir den gleichen Wissensstand wie Evan, Harriett und die anderen haben, sind wir irgendwie Teil dieser verrückten Reise. Egal was passiert, es geschieht unerwartet, wird jedoch auf die charmanteste und sympathischste Weise von unseren Protagonisten gelöst. So beginnt die Geschichte und so endet sie – alles dazwischen ist bereichernd, höchst unterhaltsam und aufschlussreich. Ein wahrer Lesegenuss, wenn man über die fehlenden Thriller-Elemente hinwegsehen kann und sich auf diese verrückte Reise mit Charakteren, die alle herrlich normal und zugleich verrückt sind – vollends einlässt.

Bewertung:

Dieses Buch entspricht eher weniger den typischen Festa-Geschichten. Keine Obszönität, wenig und nur gut platzierte Brutalität, dafür aber eine große Portion Skurrilität. Hinter der Geschichte könnte sich alles verbergen und lange wird auch nicht klar, was wirklich dahinter steckt. Haben wir es wirklich mit einem bösartigen, mythologischen Fabelwesen zu tun? Ist Harriett einfach nur verrückt und verstrickt Ethan in eine Reihe überzeugend vorgetragener Hirngespinste? Oder ist der „Zyklop“ vielleicht nur eine Metapher für ein überaus gefährliches Ziel, zu dessen Reise sie sich nicht alleine aufmachen wollte? Meine Gedanken bezüglich der Auflösung haben sich quasi abgewechselt, weil bis kurz vor dem Ende der Geschichte weder das eine noch das andere vollkommen auszuschließen war. Dennoch ist das Endergebnis eher zweitrangig, weil dieses Buch auf wunderbare Weise zeigt, wie Freundschaften – so skurril und gegensätzlich sie auch sein mögen – einen wieder auf den richtigen Weg bringen kann, wenn das Schicksal so hart zuschlägt, dass man sich selbst verliert.

Schreibstil: 5/5
Charaktere: 5/5
Geschichte: 4/5
Spannung: 4/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5

Gesamtbewertung: 4,6/5

Bewertung: 5 von 5.

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich dem Festa Verlag. •