Laura Purcell: Das Korsett

Über das Buch:

Autorin: Laura Purcell
Titel: Das Korsett
Originaltitel: The Corset
Verlag: Festa Verlag
Genre: viktorianischer Thriller
ISBN: 9783865529404
Preis: 22,99 €

Inhalt:

Als ihre gemeinnützige Arbeit Dorothea Truelove zum Oakgate-Gefängnis führt, freut sie sich über die Gelegenheit, die Theorie der Phrenologie zu erforschen. Kann die Form des Schädels eines Menschen ein Licht auf seine dunkelsten Wesenszüge werfen?
Doch als Dorothea die junge Schneiderin Ruth Butterham trifft, stellt sie sich ganz andere Fragen: Ist es möglich, mit Nadel und Faden zu töten? Denn Ruth schreibt ihre Verbrechen einer übernatürlichen Kraft zu, die ihren Stichen innewohnt.
Die Geschichte, die sie über ihre tödlichen Kreationen zu erzählen hat – von Bitterkeit und Verrat, von Tod und Kleidern – wird Dorotheas Glauben an die Wissenschaft erschüttern. Ist Ruth verrückt? Nur ein Opfer? Oder eine eiskalte Mörderin?

Meine Meinung:

Mann kann sich dieses Leben, in das unsere Protagonistin Ruth hineingeboren wird, kaum vorstellen. Allerdings schafft es Autorin Laura Purcell, das Setting und die Atmosphäre treffend und nahbar in Worte zu fassen. In der Gesellschaft des viktorianischen Zeitalters ist man entweder jemand, oder man ist niemand. Dazwischen gibt es nichts und diese beiden Extreme werden dem Leser personifiziert, in Form von Ruth und Dorothea, präsentiert. Trotz der widersprüchlichen Welten, führt das Schicksal die beiden zusammen. Während die Sicht von Dorothea ihre Gegenwart schildert, sind Ruths Passagen ein Blick in deren Vergangenheit, ihre Gegenwart stagniert, in ihr gibt es kaum neue Einflüsse, über die berichtet werden müsste. Und wenn, dann erfahren wir von Dorothea darüber. Diese fühlt sich für das Mädchen mit der finsteren Vergangenheit verantwortlich und lässt sie ihre Geschichte erzählen.
Wie bereits erwähnt fühlt man sich durch den Schreibstil der Autorin sofort in die vorherrschende Zeit zurückversetzt. Alles wirkt hoffnungslos und trist. Armut ist an der Tagesordnung und diese Umstände spiegeln sich auf jeder Seite dieses Buches wieder. Man hat ausreichend Möglichkeit, die beiden Frauen und ihr jeweiliges Leben intensiv kennenzulernen. Stellenweise werden Informationen über Dorothea geliefert, die keinen auffindbaren Zusammenhang mit der Handlung vorzuweisen haben. Bis zum Schluss kann ich Teile ihrer Geschichte nicht einordnen und möchte auch deren Notwendigkeit anzweifeln. Obwohl sie für alle Ereignisse ebenso eine Schlüsselfigur ist wie Ruth, hätte man sich manche Ausführlichkeit bezüglich ihres Lebens sparen können, da sie letztendlich ins Leere laufen. Ruth ist wahnsinnig interessant dargestellt. Sie hat harte Schicksalsschläge zu verkraften und ein undankbares Leben zu führen. Als Figur ist sie vielseitig und undurchsichtig. Durch ihre Erzählungen baut sich Seite um Seite Spannung auf, die perfekt in die Tonlage der Atmosphäre passt. Das Buch fasziniert einfach durch diese außergewöhnliche, facettenreiche Geschichte. Ab und zu kommt man durch unliebsame Längen oder ein überraschend hohes Erzähltempo, mit recht großen Sprüngen in der Handlung, etwas aus dem Lesefluss. Allerdings überwiegt das Interesse am Inhalt. Zum Ende hin spitzt sich die Lage noch einmal zu und es passieren in kurzen Abständen viele einschneidende Ereignisse. Dies ist jedoch nicht negativ zu verstehen, denn dadurch kommt die finale Dynamik zu ihrem Höhepunkt und überraschende Wendungen wirken äußerst hilfreich bei der Auflösung. Obwohl man sich während des Verlaufs bereits Theorien zurechtgelegt und eine Meinung gebildet hat, verwirft das Ende sämtliche dieser Überlegungen. Dabei gibt es keine eindeutige Auflösung, allerdings eine, die beinahe alle Eventualitäten abdeckt, wenn man intensiv darüber nachdenkt. Es kommt mehr als nur eine mögliche Erklärung in Frage, sodass man zwar einen Abschluss finden kann, allerdings auch nicht in eine gedankliche Schublade bezüglich der kompletten Handlungen gedrängt wird.

Bewertung:

Das Buch vereint viele Elemente, die es äußerst faszinierend machen. Einerseits die düstere Atmosphäre der vorherrschenden Zeit. Dazu kommen noch die fremdartigen, gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Umgangstöne miteinander. Die Autorin schafft es äußerst treffend, uns in diese Zeit hineinzuversetzen. Die Morde werden grausam und harmlos zugleich dargestellt. Die Idee hinter dieser Geschichte ist einzigartig und absolut fesselnd umgesetzt. Das Ende markiert hierbei das Highlight, da es eigentlich alles erklärt und doch so viel Spielraum lässt. Ein großartiger Thriller, der ohne viel Blut brutal und absolut beängstigend daherkommt. Eine atmosphärische Glanzleistung.

Schreibstil: 5/5
Geschichte: 4/5
Charaktere: 3,5/5
Spannung/Atmosphäre: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 4/5

Gesamtbewertung: 4,3/5

Bewertung: 4 von 5.