Lena Lindenwald: Janin – Das Ende der Stille

Über das Buch:

Autorin: Lena Lindenwald
Titel: Janin – Das Ende der Stille
Herausgeber: tredition; 1. Edition (13. Juli 2021)
Genre: Roman
ISBN: 978-3347343757
Preis: 13,99 €

Inhalt:

Unter dem falschen Namen Janin beginnt die junge Charlotte von Neubeck auf der Grafschaft Nissel als einfaches Stubenmädchen zu arbeiten. Dass Charlotte die einzige Tochter einer von den Behörden verfolgten Adelsfamilie ist, weiß nur die Gräfin selbst, die ihr widerwillig Unterschlupf gewährt. Die Flüchtige muss von nun an als niedere Bedienstete ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Schnell lernt die unerfahrene Charlotte, dass die tägliche Arbeit ihr alles abverlangt und bei Verfehlungen strenge Prügelstrafen drohen. Dennoch will sie ihrer Familie helfen und ist bereit, sehr viel zu riskieren…

Meine Meinung:

Vorab: Ich habe dieses Rezensionsexemplar ungefragt zugesandt bekommen. Damit verfahre ich so, dass ich mich weder zum Lesen, noch Rezensieren verpflichtet fühle. Normalerweise entspricht dieses Buch weniger meinem Genre, allerdings hat der Inhalt irgendwann doch mein Interesse geweckt, sodass ich mit Lesen begann.
Grundsätzlich gibt es viele Passagen, die ich schwer bewerten kann, da sie starken Romancharakter haben. Dennoch kann die Autorin am meisten mit dem Schreibstil und auch der Wortwahl überzeugen. In Anbetracht an die Zeit, in der die Geschichte spielt, sind sowohl Konversationen als auch die Gedanken von Janin authentisch und absolut glaubhaft formuliert. Keinerlei moderne Ausdrücke finden in der Geschichte Platz. Das wirkt natürlich unglaublich professionell und verleiht der Geschichte die passende Stimmung für das ausgewählte Setting und die gewählte Zeit. Gleichzeitig bewirkt das aber auch, dass eine Identifikation mit den Charakteren kaum möglich ist, da moralische Einstellungen und gesellschaftliche Gepflogenheiten äußerst befremdlich wirken. Das schließt jedoch nicht die Nahbarkeit der Figuren aus. Obwohl der Umgang innerhalb der Belegschaft oft grob und für uns in der heutigen Zeit nicht vollständig geläufig oder nachvollziehbar ist, so spürt man als Leser dennoch eine liebevolle Art der Verbundenheit, die hier und da eine starke Sympathie und ein familiäres Gefühl hervorruft. Obwohl es viele Passagen gab, die ich alleinstehend als langweilig (subjektiv, als Thriller- und Horrorliebhaberin betrachtet) empfand, hat die Autorin einen Ausgleich geschaffen, der auch mich gut unterhalten konnte. Janin entdeckt eine Seite an sich, die sie erstmal von sich wegstößt, im Laufe der Geschichte jedoch Stück für Stück akzeptiert und willkommen heißt. Wie in der ausgewählten Zeit und ihrer neuen Stellung üblich, warten auf die Angestellten bei bestimmten Verstößen schmerzhafte Prügelstrafen. Diese werden je nach Vergehen unterschiedlich stark ausgeführt. Janin entdeckt an den, mit den Schmerzen einhergehenden Fantasien und Gedanken, Gefallen und empfindet darüber hinaus sexuelle Lust daran. Diese Stellen hat die Autorin sehr bildhaft und detailliert beschrieben. Gleichzeitig lässt sie den Leser jedoch auch die innere Zerrissenheit von Janin über ihre Gefühle bezüglich ihrer Vorlieben spüren. Sehr angenehm, dass der Schmerz, trotz Lust die er bereitet, auch ängstlich von Janin betrachtet wird. Das unterscheidet sich meiner Meinung nach von anderen erotischen Geschichten, die das Auspeitschen und ähnliche Praktiken oftmals nur sehr einseitig darstellen und die Betroffenen die Schmerzen häufig unglaubwürdig schnell ausblenden. Der Inhalt wirkt insgesamt sehr logisch und nachvollziehbar. Darüber hinaus auch die Handlungen und Reaktionen der Charaktere. Die nebenherlaufende Geschichte, die Janins Entscheidungen einen roten Faden gibt, verknüpft ihr vorheriges Leben mit ihrem jetzigen. Trotz der neugewonnenen Erfahrungen versucht sie ihrer Familie zu helfen, dabei geht sie über selbstauferlegte Grenzen, ohne ihre derzeitige Rolle zu verlassen. Das Ende des Buches bedeutet nicht das Ende der Geschichte, woraus ich schließe, dass eine mehrteilige Reihe geplant ist.

Bewertung:

Obwohl ich nicht erwartet habe, dass mich dieses Buch in irgendeiner Weise entsprechend meiner Vorlieben unterhalten könnte, hat es mich sehr schnell gepackt und in seinen Bann gezogen. Auch wenn ich persönlich für mich einige Stellen als etwas langweilig empfunden habe, so hat Lena Lindenwald insgesamt viel richtig gemacht. Angefangen bei der Sprache und der authentisch transportierten Atmosphäre der damaligen Zeit, über die detaillierte, glaubhafte Schilderung der brutaleren, weniger harmlosen Passagen, bis hin zu der vielfältigen Charaktergestaltung und Beziehungen zueinander. Entgegen meiner voreingenommenen Einstellung zu diesem Buch, klebte ich nahezu an den Seiten. Für Leser, die gerne harmlose Geschichten mit einer ordentlichen Portion einer ernsthaften Version von „Fifty Shades of Grey“ mögen, kann ich hier eine Leseempfehlung aussprechen. Fans von Thriller-, Psychothriller- und Horrorgeschichten könnten hier der blutige Nervenkitzel fehlen.

Schreibstil: 5/5
Charaktere: 3,5/5
Geschichte: 3,5/5
Atmosphäre: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 3,5/5

Gesamtbewertung: 4,1/5

Bewertung: 4 von 5.

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich der Autorin. •

[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]