
Über das Buch:
Autor: Michael Dissieux
Titel: Graues Land
Verlag: KOVD Verlag
Genre: Dystopischer Roman
ISBN: Privatdruck ohne ISBN
Preis: 15,99€

Inhalt:
Harvey und Sarah führen ein glückliches und ruhiges Leben in den Bergen. Als Sarah erkrankt, kümmert sich der alte Harv liebevoll um seine Frau.
Doch eines Tages hat sich etwas geändert – in der Welt da draußen.
Es beginnt damit, dass der Fernsehsender kein Programm mehr ausstrahlt, dann fällt die Stromversorgung aus.
Auch das Telefon verstummt.
Ein grauer Schleier umhüllt das Land. Eine trügerische Stille liegt über den Feldern, über dem Haus. Des Nachts glaubt Harvey, Kreaturen ums Haus schleichen zu hören.
Und die kurze Begegnung mit einem jener Wesen im Garten, bringt die schreckliche Gewissheit, keiner Einbildung erlegen zu sein.
Harvey beschließt, in Erfahrung zu bringen, was mit der Welt geschehen ist. Und so steigt er in seinen rostigen Van und fährt zu seinem alten Kumpel Murphy, der ein paar Meilen die Straße hinab ein kleines Lebensmittelgeschäft betreibt.
Doch dieser scheint bereits dem Wahnsinn anheimgefallen zu sein …
Meine Meinung:
Dieses Buch regt zum Nachdenken an. Ich kann starke Parallelen zum Titel „Richtung Nirgendwo“ vom Autor erkennen. Michael Dissieux schafft es einfach, mit einem starken Setting und reduzierten Charakteren, Eindruck beim Leser zu hinterlassen. Wirkungsvoll wird die triste Umgebung, geschwängert mit Hoffnungslosigkeit, bis ins Detail beschrieben. Man fühlt sich als kleiner unbedeutender Teil in dieser Welt, aber man ist dennoch nicht alleine, denn Harvey geht es genau so. Eindrucksvoll wird der Protagonist illustriert. Keine seiner Gedanken bleiben dem Leser verborgen, jedes Gefühl wird offenbart. Diese Genauigkeit bei der Figurengestaltung bringt Nahbarkeit mit sich und unterstützt die realitätsnahe Atmosphäre der Dystopie. Hier ist mir aufgefallen, dass einige Gedankengänge sich häufig wiederholen. An mancher Stelle wirkungsvoll, aber an einigen Stellen auch zu gehäuft.
Harvey ist nicht der typische Heldencharakter in einer Welt voller Monster. Er ist in einem hohen Alter und kämpft nicht um sein eigenes Leben. Er kämpft um das seiner großen Liebe. Er regelt seinen Tag so normal er kann, kümmert sich um die Pflege und Versorgung von Sarah. Diese täuschende Normalität in einer Realität, die für Harvey selbst nur noch grau und ohne Zukunft ist, hat der Autor gut in seinen Worten verpacken können. Harvey verabscheut Waffen und führt nur eine, um sich im Falle einer Katastrophe verteidigen zu können. All diese Elemente machen ihn zu einem sympathische Protagonisten, der nicht selbst den Verstand verliert und wild um sich schießt, sondern sich seine Menschlichkeit so gut es geht bewahrt.
Der Leser wird einen Großteil des Buches mit Harvey allein gelassen. Erst gegen Ende, ändert sich seine Situation und bringt etwas frischen Wind in die Geschichte. Zuvor hat es mir ein wenig an Spannung gemangelt, denn Harveys Tage heben sich durch nicht viel voneinander ab. Das bedeutet für mich aber nicht Langeweile, sondern eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage nach dem „Danach“, wenn die Welt, wie wir sie kennen, an ihre Grenzen gekommen ist. Michael Dissieux bedient sich nicht den typischen, rasanten Spannungselementen, sondern packt, was und bekannt und vertraut ist, und zerstört es mit seinen Worten. Das alles geschieht in völliger Ruhe und in einem Tempo, dass es auch dem Leser beinahe möglich erscheint. Er nimmt den Menschen in seiner Geschichte sämtliche Sicherheiten und ändert doch nur so wenig ihrer Welt ab.
Für meinen Teil hätten die Kreaturen eine präsentere Rolle spielen dürfen, da sie doch das Problem selbst sind, mit welchem sich Harvey konfrontiert sieht. Hier hätte ich gern weniger Unterschwelligkeit in ihren Auftritten und mehr Klarheit gesehen – eine reale Bedrohung, nicht bloß die Bedrohung in der Konsequenz ihres Daseins. Das Ende hingegen war für mich absolut genial. Ich werde darauf nicht weiter eingehen, um nicht zu spoilern, jedoch war das Ende für mich unerwartet, intensiv und irgendwie auch richtig. Ich habe mir, vor allem in den letzten Abschnitten, ein anderes Ende zurechtgelegt und konnte so zum Schluss noch einmal richtig gut überrascht und mitgerissen werden.
Bewertung:
Ein Buch, das sicherlich nicht perfekt ist, aber unheimlich gelungen auf der Interpretationsebene. Hier und da hätte es für mich ein bisschen mehr an Spannung und der realen Bedrohung geben können. Dessen jedoch ungeachtet, begleitet den Leser von der ersten bis zur letzten Seite eine düstere Atmosphäre, die sich oftmals auch in Gänsehaut zu erkennen gibt. Die Thematik ist durch das Setting absolut treffend umgesetzt worden und lässt keine Zweifel zu. Dem Leser begegnet wenig, dass für ihn nicht greifbar oder fremd ist, wodurch der Geschichte eine gute Portion Realitätsnähe beigesteuert wird. Man kann sich beinahe in die Situation einfügen und das macht den großen Reiz des Buches aus.
Schreibstil: 5/5
Charaktere: 5/5
Geschichte: 4/5
Spannung: 3/5
Überraschungen/Wendungen: 4/5
Gesamtbewertung: 4,2/5

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich dem KOVD Verlag. •
[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]