Mike Chick: Vier Mal Angst

[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]

Über das Buch:

Autor: Mike Chick
Titel: Vier Mal Angst
Verlag: Piper Spannungsvoll; 1. Edition (28. Juli 2022)
Genre: Psychothriller
ISBN: 978-3492505826
Preis: 20,00 €

Inhalt:

Die Kramers sind das Ebenbild einer perfekten Familie, da sie miteinander über ihre Probleme reden, bevor sie zu solchen werden können. Alles ist bestens. Bis eines Tages das Schweigen über die vier hereinbricht und aus ihren Ängsten ein Albtraum heranwächst, dem keiner von ihnen entkommen kann.

Meine Meinung:

Es ist beinahe unvermeidbar, mit einer gewissen Erwartungshaltung an das Buch eines Autors heranzutreten, wenn man bereits ein Buch von ihm gelesen hat und es sich dabei um einen so herausragenden Psychothriller wie „Der Käfig“ – im Falle von Mike Chick – handelt. Mit „Vier Mal Angst“ präsentiert er uns ein weiteres Werk dieses Genre. Mit dem Einstieg in die Geschichte fragt man sich, wie hier das Grauen Einzug finden soll. Denn womit wir konfrontiert werden, ist eine vierköpfige Familie, die nach außen hin das verkörpert, was man wohl gemeinhin „Bilderbuchfamilie“ nennt. Kurt, David, Maike und Sandra haben Rituale. Rituale des Redens, des miteinander Kommunizierens. Eine Familie die sich alles erzählt und berichtet, hier kann es doch keine schwerwiegenden Geheimnisse geben – oder? Genau diesen Punkt macht Mike Chick zur Thematik des Psychothrillers. Unausgesprochenes zwischen Menschen, die einander eigentlich am nächsten sein sollten. Manche der Geheimnisse brodeln bereits länger unter der Oberfläche der jeweiligen Seele, andere sind frisch und noch in ihrer Entwicklung. Im Wechsel blicken wir jeweils durch die Augen eines der Familienmitglieder. Hier wird deutlich, welches Päckchen ein jeder für sich selbst zu tragen hat. Die mittlerweile eingeschlafene Kommunikation untereinander sorgt dafür, dass sich die Wahrnehmungen füreinander verschieben und von verschiedenen Seiten komplett unterschiedlich aufgefasst werden. Missverständnisse, Gefühle der Einsamkeit, unter der Oberfläche brodelnde Wut, Schuldgefühle – alle diese Emotionen brechen nach und nach hervor und bringen einen jeden der Charaktere an ihren eigenen Rand des emotional Ertragbaren. Mike Chick wählt dabei für jedes Familienmitglied eine grundlegend unterschiedliche Problematik aus. Allerdings fügt sich jede einzelne passend in das Gesamtbild der Familie und auch deren Vergangenheit ein. Mir fiel es unglaublich schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Die Handlungen folgen keiner klaren Linie mehr, da Familie Kramer schlichtweg am durchdrehen ist. Ausgänge vorherzusehen ist damit ausgeschlossen. Mit der geschaffenen Problematik zerrüttet der Autor außerdem das Konstrukt einer familiären Einheit. Jeder scheint nur noch Augen für sich und seine eigenen Probleme zu haben. Dass dieser Aspekt erst der Auslöser des Schlamassels ist und darüber hinaus auch dafür sorgt, dass die Dramatik ins Unermessliche steigt, daran verschwendet keines der Mitglieder der Familie Kramer einen klaren Gedanken. Das Ende des Buches ist nicht vorhersehbar, da bei einem solchen Inhalt beinahe alles passieren kann. Dennoch hat sich der Autor für einen recht traurigen Ausgang mit halbem Happy End entschieden, der sich gut in das Gesamtbild der Geschichte fügt und dem Ganzen einen zufriedenstellenden Abschluss gibt. Für mich erschließt sich die Sinnhaftigkeit von Prolog und Epilog nicht wirklich. Beide sind im Wortlaut beinahe identisch und bieten einen einläutenden und abschließenden Rahmen rund um den eigentlichen Inhalt. In meinen Augen hätte darauf auch gut verzichtet werden können, da beide keinen zusätzlichen Mehrwert bieten und bei mir eher Verwirrung hervorgerufen haben.

Bewertung:

Mir fällt es sehr schwer, dieses Buch eindeutig zu bewerten. Spannend und fesselnd war es allemal. Auch inhaltlich gibt es für mich keine negativen Punkte. Der Konflikt findet mehr auf der psychologischen und emotionalen Ebene statt. Jeder ist größtenteils mit sich selbst beschäftigt, sodass Interaktionen untereinander rar gesät sind. Es gibt eine spürbare Steigerung des unheilvollen Ausgangs dieses Familiendramas. Die verschiedenen Perspektiven helfen dabei, die untereinander herrschenden Missverständnisse verstehen und einordnen zu können, sodass man als Leser jeden Charakter für sich kennenlernt, allerdings auch einen Überblick über das gesamte Familienbild bekommt. Einen Überblick, der Kurt, David, Maike und Sandra verwehrt bleibt. Dennoch hält mich die Tatsache auf dem Boden, dass die geballte Masse an Tunnelblicken für die eigenen Probleme zu viel sein könnte. Dass wirklich jeder derart schwerwiegende Probleme hat – nicht gerade zu unterschätzende psychische Krankheiten – die wiederum in der vorliegenden Ausgeprägtheit eine komplette Familie betreffen, hat meiner Euphorie für das Buch einen Dämpfer verpasst, weil ich es nach abschließender Überlegung einfach als „zu viel“ empfunden habe.

Schreibstil: 5/5
Charaktere: 4/5
Geschichte: 3/5
Spannung/Atmosphäre: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5

Gesamtbewertung: 4,4/5

Bewertung: 4 von 5.