Saskia Calden: Der Puppenwald

Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar

Über das Buch:

Inhalt:

Ein Ausflug in die Stadt wird der 16-jährigen Jessica zum Verhängnis. Ein Mann verschleppt sie in sein abgelegenes Haus im Wald, um seiner Tochter den sehnlichsten Wunsch zu erfüllen: eine lebende Puppe. Wie ein Spielzeug behandelt das kleine Mädchen sie – kindlich und grausam zugleich. Weigert sich Jessica, das zu tun, was das Mädchen verlangt, wird sie von dessen Vater bestraft. Seine wahren Absichten durchschaut sie nicht, bis er sie in seinen Keller bringt …
Kommissarin Evelyn Holm, die den Fall übernimmt, ahnt, dass hinter der Entführung weit mehr steckt, als ihre Kollegen vermuten. Sie beginnt zu ermitteln und stößt auf eine Spur, die zu einer folgenschweren Gewissheit führt.

Meine Meinung:

Dieser Thriller erzählt die Geschichte abwechselnd aus zwei Perspektiven. Auf der einen Seite Jessica. Sie konnte ihrem Entführer entkommen und schildert bei der Polizei umfassend, was ihr während ihrer Gefangenschaft widerfahren ist. Auf der anderen Seite bekommen wir die Perspektive von Evelyn Holm zu lesen. Die Kommissarin ermittelt in dem Fall. Ihre Schilderungen konzentrieren sich auf die Polizeiarbeit hinsichtlich der Entführung. Die erste Hälfe des Buches fokussiert sich auf Jessicas Sicht. Hier hat die Autorin ganze Arbeit geleistet. Die Schilderungen sind grausam. Saskia Calden hat wirklich grauenvolle Ideen einfließen lassen, die mich sprachlos gemacht haben. Ich muss sagen, dass ich lange keinen Thriller mit solcher Härte gelesen habe. Dabei setzt sie weniger auf körperliche Misshandlungen, sondern primär auf seelische Grausamkeiten. Dass diese dann auch noch vordergründig von einem Kind ausgeübt werden, macht die Sache um so härter. Die Moral des Lesers wird wirklich auf den Prüfstand gestellt. Darf man einem Kind gegenüber, das die Konsequenzen seiner eigenen Handlungen keineswegs vollumfänglich begreift, wirklich Hass empfinden? Die Grenzen dieser Frage hat die Autorin mit ihrer Geschichte auf jeden Fall ausgelotet. Während dieser erste Teil des Buches wirklich hart ist, so ist der zweite eher gemächlich. Hier befinden wir uns hauptsächlich in den Ermittlungen. Hintergrundinformationen werden zusammengetragen, Beweise gesucht und Zusammenhänge gesucht. Aber trotzt dem entschleunigten Tempo bleibt die Spannung konstant, da die Frage nach diversen Ungereimtheiten hinsichtlich der Entführung noch im Raum steht. Die Auflösung könnte eindeutig sein, ist sie aber nicht. Ich hatte etwa drei verschiedene Theorien über einen möglichen Ausgang des Ganzen. Die Richtige war tatsächlich in groben Zügen zu Beginn kurz dabei, wurde von mir aber aufgrund von fehlender Logik verworfen. Und so empfand ich auch den schlussendlichen Ausgang: Das Ende ist überraschend und gut konstruiert – keine Frage – allerdings empfand ich die endgültige Auflösung vielleicht sogar ein Stück zu weit hergeholt in ihrer umfassenden Ausführung. Versuchte Irreführungen haben bei mir gut funktioniert, sodass ich letztendlich überrascht werden konnte.

Bewertung:

Ich habe in letzter Zeit keinen Thriller gelesen, der mir wirklich nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist. Die meisten waren seicht, ihnen fehlte es an Spannung oder die Geschichte war flach. Alle diese Attribute kann man diesem Buch definitiv nicht zusprechen. Gerade die erste Hälfte hat mich umgehauen. Ich war stellenweise total schockiert von den Gedanken und Fantasien der Autorin. Aber gleichzeitig begeistert von so vielen grausamen Momenten. Und obgleich sich die zweite Hälfte atmosphärisch etwas anders gestaltet hat, ist auch hier mein Interesse nicht abgeflaut, da ich unbedingt den Hintergrund dieser sehr spezifischen Entführung wissen wollte. Danke Saskia, dass ich endlich mal wieder einen richtig guten Thriller zwischen die Finger bekommen habe. Von mir gibt es unbedingt eine Empfehlung.

Schreibstil: 5/5
Charaktere: 4/5
Geschichte: 4/5
Spannung/Atmosphäre: 4,5/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5

Bewertung: 4.5 von 5.