Simone Trojahn: Mutterfleisch

Über das Buch:

Autorin: Simone Trojahn
Titel: Mutterfleisch
Verlag: Redrum Verlag
Genre: Horror
ISBN: 978-3959575201
Preis: 14,99€

Inhalt:

Woher kommt das Böse? Wird man als Psychopath geboren oder sind äußere Einflüsse verantwortlich? Macht es Sinn, gegen die eigenen Gene zu rebellieren? Bist du mutig genug, es herauszufinden?
Die Mutter des achtzehnjährigen Caleb leidet unter schweren Störungen. Sie ist nicht nur eine Gefahr für den eigenen Sohn, sondern auch für ihre Umwelt. Die Dinge, die sie tut, um sich gut zu fühlen, sind an Grausamkeit und Perversion nicht zu überbieten. Als Caleb sich in die gleichaltrige Vicky verliebt, die ihrerseits unter einem übergriffigen Stiefvater leidet, schmiedet das Paar einen tödlichen Plan. Gibt es eine gemeinsame Zukunft oder hat Caleb die Macht seiner inneren Dämonen unterschätzt?

Meine Meinung:

Dieses Buch ist schonungslos und lässt den Leser nicht eine Sekunde verschnaufen. Ich habe die Thematik des Buches zunächst völlig falsch eingeschätzt und war dafür umso überraschter, auf welche perversen Pfade sich der Leser bei dieser Geschichte begeben muss. Von Beginn an wird die Beziehung zwischen Caleb und seiner Mutter intensiv herausgearbeitet. Man bekommt einen detaillierten Eindruck dessen, was Caleb wohl schon sein ganzes Leben ertragen muss. Er und seine Mutter sind sehr interessant gestaltete Charaktere, die vor allem durch Authentizität punkten können. Ich konnte Calebs Gefühlsregungen nachvollziehen, sowohl seinen Hass, als auch seine Liebe ihr gegenüber. Keine Emotion wirkte deplatziert oder irritierend auf mich, da die vermittelte Stimmung in diesem Kontext absolut passend ist. Der Schreibstil tut dabei sein Übriges, denn er ist knallhart und punktgenau. Wort für Wort wird man tiefer in diesen abartigen Strudel aus Perversion und Grausamkeit gerissen. Teilweise gibt es wirklich eklige Beschreibungen, die jedoch nie so übertrieben wurden, dass man genug davon hatte. Den Namen „Caleb“ selbst in seiner Bedeutung so auseinanderzupflücken und mit dem Inhalt der Geschichte zu verknüpfen, fand ich sehr gut. Nachdem einem klar war, welchen Namen der Junge trägt, sieht man alles mit anderen Augen. Als dann auch noch Calebs Mutter, Leyla, eine gänzlich andere Bedeutung desselben Namens ins Spiel bringt, verhärtet sich der Kontrast der beiden für mich erneut. Sie sind Gegenspieler und doch in ihrem Schicksal vereint, das wurde für mich auf jeden Fall deutlich. Unverkennbar ist der Hass, den Caleb ihr gegenüber empfindet. Es wird aber auch klar, dass er mit sich ringt, weil sie eben seine Mutter ist. Außerdem ist da eine Anziehung, die es zwischen Mutter und Sohn nicht geben sollte. Auf diese Anziehung wird nur stellenweise eingegangen. Sie dient als perfides Mittel der Erpressung und Gefügigmachung und wird dabei so sporadisch eingesetzt, dass es beinahe unwirklich auf den Leser wirkt. Diese Anziehung ist nicht das Hauptproblem zwischen Caleb und seiner Mutter, sondern nur ein Glied in der Kette der verkorksten Beziehung der beiden. Mir hat es äußerst gut gefallen, dass man aus der Sicht von Caleb, seiner Mutter, Vicky und auch Vickys Stiefvater Steven lesen darf. So bekommt man viel individuelle Eindrücke der Gesamtsituation, die letztendlich ein großes vollständiges Bild ergeben. Dadurch, dass Simone Trojahn all ihren Charakteren eine Stimme schenkt, wird man als Leser in seinen Emotionen hin- und hergerissen. Man weiß nicht, wem das Mitleid, wem die Wut gelten soll, obwohl es eigentlich eindeutig ist. Dennoch habe ich in bestimmten Situationen auch Mitleid mit „den Bösen“ bekommen, was zeigt, dass die Autorin ganz wunderbar durch ihre Worte mit dem Leser spielen und ihn an sämtlichen Situationen zweifeln lassen kann. Durch knappe Szenarien aus der Vergangenheit, bekommen wir ein beinahe vollständiges Bild aller beteiligten Figuren. Es hilft, diese besser einzuordnen und deren Charakterentwicklung nachzuvollziehen. Sowieso muss man die Charaktergestaltung insgesamt loben. So viele verschiedene Figuren derart differenziert und individuell, aber im selben Atemzug auch interessant zu gestalten, finde ich absolut gelungen. Dabei aber nicht den Faden der Geschichte zu verlieren und den eigentlichen inhaltlichen Aspekt so auf den Punkt zu bringen, ist hier positiv zu nennen und bildet einen Hauptbestandteil dessen, was dieses Buch an Atmosphäre übermittelt.

Bewertung:

Für mich lässt sich die Geschichte am besten als Kreis beschreiben, da deren Ende beinahe nahtlos wieder auf den Anfang schließt. Ein durchaus überraschender Aspekt, den ich mir ebenso anders gewünscht, wie auch vorgestellt hätte. Dennoch ist dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite fesselnd und mitreißend. Stellenweise auch etwas emotional. Ich hatte oft Angst vor einer möglichen Konsequenz. Obwohl ein Großteil der Taten eigentlich moralisch sowie rechtlich nicht zu rechtfertigen sind, habe ich sie dennoch akzeptiert und wollte in manchen Fällen sogar keine Bestrafung für den Handelnden. Grundsätzlich hat die Autorin zwei wichtige Punkte in ihrer Geschichte vereinen können: Unvorhersehbarkeit und Grenzüberschreitung. Diese beiden Aspekte treiben sie unaufhörlich voran, und zwar so, dass man mit jeder neuen Seite, die man umblättert, nichts erwartet aber sich auf alles gefasst macht.
Eine großartige Geschichte, die ich allen Fans des Genre Horror, die moralisch vor nichts zurückschrecken und einen stabilen Magen haben, wärmstens ans Herz legen möchte. Hier wird sowohl in der Figurengestaltung, als auch in der Konzeption der Geschichte eine ordentliche Portion Unterhaltung geboten, die auch mit ihrer Thematik noch lange nachhallt.

Schreibstil: 5/5
Geschichte: 5/5
Charaktere: 5/5
Spannung: 5/5
Überraschungen/Wendungen: 5/5

Gesamtbewertung: 5/5


• Die Coverrechte obliegen ausschließlich dem Redrum Verlag. •