Yolanda Olson: Inferno

Über das Buch:

Autorin: Yolanda Olson
Titel: Inferno
Originaltitel: Inferno
Verlag: Independently published (12. Juli 2021)
Genre: Horror/Psychothriller
ISBN: 979-8536356753
Preis: 16,05 €

Inhalt:

Ich weiß nicht, wo er vom Weg abgekommen ist, aber wir wurden gezwungen, den Preis dafür zu zahlen.
Die Last seiner … Liebe zu tragen.
Jedes Mal, wenn er mich ansieht, regt sich tief in mir ein mulmiges Gefühl, denn ich weiß, was das bedeutet.
Ich muss die Regeln befolgen; sein braves Mädchen sein.
Das ist der einzige Weg, um in diesem Haus zu überleben.
Im Dunkeln zu sein hat mir nie Angst gemacht. Allein zu sein war etwas, das ich zu schätzen wusste, bis er anfing, es gegen mich zu verwenden.
Gegen uns.
Ich will jetzt nur noch das Licht finden.
Den Ort, von dem ich weiß, dass seine Dunkelheit ihn nicht erreichen kann.
Ein Ort, an dem vielleicht eines Tages alles einen Sinn ergibt, aber im Moment muss ich stark sein.
Ich werde nicht wieder hinfallen.
Das kann ich nicht.
Nicht, bevor ich dort meinen Frieden gefunden habe.
Ich muss es bald tun, denn ich bin nicht sicher, wie viel ich noch ertragen kann.

Meine Meinung:

Der Klappentext gibt nicht wirklich viel vom Inhalt preis. Man kann erahnen, dass es düster wird, alles andere bleibt vorerst verborgen. Es gibt auch kein großes Vorgeplänkel oder ein sanftes Hineinführen in die Geschichte. Man wird achtlos hineingeworfen und landet mehr als unsanft. Man begegnet den Charakteren, ohne Hintergrundwissen. Das Kennenlernen erfolgt mit jeder umgeblätterten Seite. Informationen wie das Alter kommen dabei recht spät zur Sprache. Andere, wie Äußerlichkeiten, dabei nur sporadisch oder gar nie. Im Gegenzug erhalten wir einen tiefen emotionalen Einblick in die Charaktere. Ihre Seele wird uns nackt offenbart. Und dieser Aspekt kreiert Nahbarkeit. Eckdaten sind hier zweitrangig und das wird einem Lesenden im Verlauf der Geschichte auch schnell klar. Unsere Sichtweise, auf die Geschehnisse, gleicht der von Protagonistin Jocelyn. Sie lebt bei einem Mann, den sie ausschließlich mit „Pater“ ansprechen darf. Er wird oft als Monster betitelt und sobald man als Leser den Handlungen, die er Jocelyn antut, nahe kommt, unterstreicht man diese Bezeichnung liebend gerne fett und rot. Außerdem gibt es noch die Jungs Eloy und Vaughn, die zwar nicht Jocelyns leiblichen Söhne sind, in ihr allerdings eine kraftvolle und stark verwurzelte Mutterliebe hervorbringen. Die genauen Beziehungen der Beteiligten zueinander werden erst spät herausgearbeitet. Dadurch entsteht jedoch ein Reiz, weil einem eine andere Idee in den Kopf gepflanzt wird, als es tatsächlich der Fall ist. Man versucht hinter das Geheimnis dieser „Familie“ zu kommen, jedoch gibt es keinen Hinweis, bis die Autorin bereit ist, die Überraschungsmomente einzubauen. Doch hier jagt ein Schockmoment den nächsten, dem Leser bleibt nichts erspart und das Grauen scheint sich mit jeder Seite ins Unermessliche zu steigern. Yolanda Olsen serviert uns hier Unaussprechliches. Ich werde nicht weiter auf den Inhalt eingehen, um Spoiler zu vermeiden. Allerdings scheint die Autorin jedes erdenkliche Tabuthema zu nehmen und ihm einen Platz im Buch zu verschaffen. Dabei wird viel der Vorstellungskraft des Lesers überlassen, da hier und da nur Andeutungen platziert werden. Jene sind allerdings so eindeutig, dass es beinahe keinerlei Worte bedarf. Doch so spannend, schockierend, abstoßend und mitreißend zugleich diese Geschichte auch ist, sie ist nicht fehlerfrei. Leider mogeln sich zunehmend Logikfehler ein. Hier entsteht der Eindruck, dass Yolanda noch einen draufsetzen wollte, eine überraschende Wendung mehr einbringen wollte. Das misslang leider ein paar Mal, da diese Wendungen überhaupt keinen Sinn ergeben haben und rückblickend auch die Reaktionen der Beteiligten auf ebenjene Wendung unpassend waren. So als wären der Autorin gegen Ende noch Ideen gekommen, die sie allerdings ohne jegliche Anpassung an vorherige Geschehnisse, einfach eingefügt hat. Schade, denn dadurch wird ein wenig die Euphorie dieser schockierend packenden Geschichte ausgebremst. 
Die Originalsprache dieses Buches ist Englisch. Wir haben also nur eine übersetzte Variante vor uns liegen. Hierbei wurde ich stellenweise den Eindruck nicht los, dass bei ebenjener Übersetzung Ausdrücke des Originals verloren gegangen sind. Ich konnte mehrere Sätze zählen, die ich wiederholt gelesen habe, ohne dass sie für mich einen Sinn – aus dem jeweiligen Kontext heraus – ergeben haben. Dafür werde ich keine Punkte abziehen, da diese Kritik mit der Autorin und ihrem Erschaffenen nichts zu tun haben. Allerdings ist es insofern erwähnenswert, da es meinen Lesefluss gehindert und mich immer mal wieder stark aus der Atmosphäre der Geschichte gerissen hat, da ich versucht habe den jeweiligen Satz rein inhaltlich zu verstehen.

Bewertung:

Die Triggerwarnung ist mehr als angebracht und sollte an dieser Stelle absolut ernst genommen werden. Das Buch beinhaltet ein bisschen mehr als seichte Gewalt. Verstörende Handlungen, absolut krankhafte Charaktere und ein perfides Spiel mit der menschlichen Psyche verbergen sich hinter Yolanda Olsons „Inferno“. Ich kann keine allgemeingültige Empfehlung aussprechen, da ich nicht weiß, inwieweit Lesende mit den hier thematisierten Punkten klarkommen. Solltet ihr euch aber für absolut abgehärtet halten, dann solltet ihr dieses Buch lesen. Inhaltlich ist es stark, packend, schockierend, abstoßend und faszinierend zugleich. Bis auf die erwähnten Schwächen in der Logik kann ich es jedem Horror- und Psychothrillerfan empfehlen. Dieses Buch ist gewagt, provozierend und gibt auch denen eine Stimme, die oft in der hintersten Ecke der Schublade mit der Aufschrift „Tabuthemen“ landen.

Schreibstil: 3/5
Charaktere: 4/5
Geschichte: 3,5/5
Überraschungen/Wendungen: 4/5
Spannung/Atmosphäre: 5/5

Gesamtbewertung: 3,9/5

Bewertung: 4 von 5.

• Die Coverrechte obliegen ausschließlich der Autorin. •

[Gekennzeichnet als Rezensionsexemplar]